Interview in Elf-Freunde

Kommt die Mao-Bibel ins Museum,

Kurt Ranger?

Kommt die Mao-Bibel ins Museum, Kurt Ranger?
Die Bibel steht auf unserer Wunschliste weit oben, ist ein sehr wichtiges Objekt. Wir haben engen Kontakt zu den Ex-Spielern. Daher bin ich guter Hoffnung, dass wir wirklich die Original-Mao-Bibel von Paul Breitner kriegen werden. Wenn es irgendwie möglich ist, wollen wir die Originale nehmen.

Sie planen gerade das Museum des FC Bayern. Warum gibt es eigentlich noch keines?
Der Vorstand denkt vermutlich sehr im Jetzt und in der Zukunft. Für das Traditionelle bleibt da wenig Zeit. Es gibt ja nicht einmal einen Archivar. Das Museum war ein Fanwunsch, immer wieder geäußert auf der Jahreshauptversammlung. Wir wurden zu einem Wettbewerb eingeladen und haben den Vorstand überzeugt. Ich glaube: Wir haben mitten ins Herz des FC Bayern getroffen.

Wer schreibt die Geschichte des FCB – die Planer oder der Vorstand?

Wir haben alle Gestaltungsfreiheit. Es gab bislang keine Vorgaben, keine Einschränkungen. Wir hatten mehrere Runden mit Karl-Heinz Rummenigge. Wir wünschen uns engen Kontakt zu Rummenigge, Hoeneß und anderen. Es ist der ausdrückliche Wunsch des Vorstands, dass wir mit dem Museum Neuland betreten.

Wie lässt sich Fußball überhaupt ausstellen?
Fußball ist ja eigentlich eine Sache, ähnlich wie Musik, die nur im Moment des Entstehens da ist. Da werden Medien eine Rolle spielen, filmische Elemente. Wichtig ist, dass wir über den reinen Fußball hinausgehen und Fußball als Kulturphänomen betrachten: den FC Bayern in seiner historischen Entwicklung darstellen.

Was ist anders, als wenn Sie z.B. eine Ausstellung über die Vandalen, die nordischen Kaiser oder russische Juden planen?
Wir müssen nur 110 Jahre zurückblicken. Die meisten Protagonisten leben noch. Wir müssen nicht über die Kreuzzüge von Barbarossa, den Stauferkaiser, nachrecherchieren. Und der FC Bayern ist außerdem ständig dabei, seine Geschichte weiterzuschreiben...

..und der Bayernkaiser erfreut sich bester Gesundheit.

Die Geschichte, wie Franz Beckenbauer zum Namen Kaiser kam, wird Teil der Ausstellung sein. Wir haben zum Glück einen Mitarbeiter, der eine lebende Fußball-Enzyklopädie ist. Wir sind ja ansonsten nur die Gestalter, nicht die Fußballexperten. Die Expertenhoheit liegt beim FC Bayern.

Welche anderen Klubmuseen haben Sie sich angeschaut?
Wir waren in Barcelona, Manchester, Preston, Mailand, Gelsenkirchen, Dortmund, Hamburg und Frankfurt. Camp Nou ist von der Größe her beeindruckend. Ich denke aber, dass man das noch viel besser machen kann. Eigentlich sieht man überall nur: Wimpel, Pokale, Trikots, Bälle, Schuhe.

Was wollen Sie anders machen?
Wir sind größer und werden tiefergehen. Man muss plakativ arbeiten, aber auch Tiefgang anbieten. Das Publikum wird ja auch aus Experten bestehen, nicht nur aus normalen Touristen.

Mit welchen Mitteln wollen Sie Ihr Ziel erreichen?

Wir werden das Spektrum erweitern und Fußball als Kulturphänomen betrachten, etwa die Veränderung vom Elf-Freunde-Prinzip hin zu den Popstars. Literatur und Fußball, ist auch ein Thema, da gibt es viele interessante Quellen. Wir wollen außerdem aktuelle Aspekte berücksichtigen: Trainingseinheiten, Trainingsstrategien,  bis hin zu sportwissenschaftlichen Gedanken. Die FC-Bayern-Erlebniswelt soll über das Historische hinaus gehen. Wir wollen auch visionäre Gedanken ausstellen.

Kriegen die Pokale einen eigenen Raum?

Wir wollen das nicht auf einen Raum begrenzen, das wäre zu schade. Die Trophäen sind ein wesentliches Gestaltungsmittel. Die überwiegende Zahl wird in Vitrinen stehen. Dann brauchen sie nicht so oft poliert werden. Wir werden sicher etwas Aufsichtspersonal brauchen.

Werden die Besucher Kopfhörer tragen?
Wir arbeiten an einem Audio-Guide und wollen Fremdsprachen anbieten. Die Idee ist, dass Franck Ribery und andere ihre Landsleute auch in ihrer Sprache begrüßen sollen.

Wie viele Besucher erwarten Sie?
Das Camp Nou hat eine Millionen Besucher im Jahr, bei relativ hohem Eintritt. Dort gibt Audio-Guides in zehn Sprachen. Andere Museen haben 20.000. Wir gehen von einer sechsstelligen Zahl aus. Das wäre dann schon vergleichbar mit den anderen großen, erfolgreichen Münchner Museen. Die Arena für sich ist ja auch schon ein faszinierender Ort. Wir werden zusätzlich ein Veranstaltungsprogramm kreieren.
Wie viele Quadratmeter stehen Ihnen zur Verfügung?
Es wird mit Sicherheit das größte deutsche Fußballmuseum, zumindest bis das DFB-Museum eröffnet wird.

Wie hoch ist das Budget?
Möglichst hoch, hoffe ich. Karl-Heinz Rummenigge hat gesagt: Wenn wir das machen, machen wir´s richtig. Wir haben keine Einschränkungen auferlegt bekommen. Der Etat, den wir uns gewünscht haben, wurde uns genehmigt.

Welche Exponate sind unverzichtbar? Pal Csernais Halstuch, Dieter Hoeneß’ Turban, das abgeschraubte Ohr von Luca Toni?
Danke für die Objektvorschläge! Das geht genau in die Richtung, an die wir denken. Der blutgetränkte Turban steht natürlich auf unserer Wunschliste, genauso wie die Buddha-Figuren, die Jürgen Klinsmann als Trainer aufstellen ließ. Die wurden ja relativ schnell wieder abgebaut. Wir sind den Figuren bereits  auf der Spur. Weil es kein Vereinsarchiv gibt, müssen wir auch ein wenig detektivisch arbeiten

Was nicht fehlen darf, ist der Bayern-Dusel!

Da muss ich ein Sprichwort bemühen: Auf Dauer hat nur der Tüchtige Erfolg.

Werden die Vorschläge von Fans berücksichtigt?

Wir werden einen eigenen Bereich dafür haben, wollen ein Schaufenster für die Fan-Clubs sein.  Beim ersten Heimspiel haben wir einen Aufruf gestartet. Seitdem haben uns ein paar hundert Fans Objekte angeboten. Objekte, die mit Fankultur zu tun haben, irgendwann gekauft oder selbst gebastelt, von selbstgestrickten Schals über 30-jährige Kutten bis hin zu Möbeln mit Emblem. Die Texte dazu sind meistens sehr anrührend. Oftmals ist die Geschichte viel interessanter als das Objekt selbst.

Der FC Bayern schielt ja auch nach Japan. Werden asiatische Touristen demnächst via Neuschwanstein und Herrenchiemsee ins Bayern-Museum gekarrt?
Ich hätte nichts dagegen, wenn wir sie in Museum lotsen könnten. Wir müssen unsere Erlebniswelt mit den bestehenden Strukturen vernetzen, egal ob das BMW-Museum oder Pinakothek sind.

Sonst müssen Sie Karl-Heinz Rummenigge irgendwann dazu raten, einen Japaner zu verpflichten, im Sinne der Besucherzahlen?
Ich weiß nicht, ob man einen Japaner verpflichten muss, aber man muss sicher über die Besucherströme aus Japan nachdenken. Ein japanischer Audio-Guide wäre sicher sehr vernünftig.

Wie gehen Sie mit der anderswo gerne ausgesparten NS-Zeit um?
Wir werden angemessen mit dieser Zeit umgehen. Der FC Bayern hat mit seinem damaligen Präsidenten Kurt Landauer eine Person, mit der wir das sehr gut ausstellen können. Das ist auch ein ausdrücklicher Wunsch von Karl-Heinz Rummenigge, dass wir das tun. Wir wollen viele Interviews mit Zeitzeugen führen, natürlich auch mit ehemaligen Spielern und Trainern. Diese filmischen Elemente wollen wir dann in die Ausstellung einbauen. Wir werden das tiefergehender machen als Guido Knopp.

Wird es im Museum auch ein Platz geben für Bayern-Kritiker?

Für uns als Planer ist selbst die Anti-Bayern-Single der Toten Hosen kein Tabuthema. Wir haben das auch vorgeschlagen. Warum nicht? Das ist ja gerade etwas, was zum Phänomen FC Bayern dazu gehört, dass sich eine Band wie die Toten Hosen mit den Bayern beschäftigt. Für mich wären auch karikaturhafte Parodien ein Thema. Das muss man aber noch einmal diskutieren.

Der FC Bayern ist bekannt dafür, dass man ehemalige Spieler einbindet. Wer wird Museumsdirektor?
Das wissen wir noch nicht. Wir brauchen jemanden, vielleicht mit journalistischem Hintergrund, der sich sehr gut in der Geschichte auskennt und einen kulturellen Kontext mitbringt. Ich finde es ganz wichtig, dass ehemalige Spieler durch die Ausstellung führen werden.

Keine Chance für Lothar Matthäus?
Der ist doch gerade als Trainer sehr aktiv. Ich glaube, der hätte gar keine Zeit dafür, oder?