Über die Konzeption und Gestaltung des Uniseums Freiburg

Studieren, analysieren, gestalten oder Schauen, denken, planen

Museen verstehen sich heute immer mehr – zumindest die erfolgreichen – als Orte, an denen auf unterhaltsame Art Wissen und Informationen vermittelt werden. Und sie sind Orte, an denen auch Identitäten und die Zeitgeister von Epochen, von Kulturen, erklärt werden. Als Gestalter und Planer vieler erfolgreicher Ausstellungen habe ich mich intensiv mit Fragen der Vermittlung von Inhalten und dem adäquaten Medieneinsatz beschäftigt. So gestaltete ich unter anderem das Jüdische Museum Göppingen, plante und gestaltete im Badischen Landesmuseum Karlsruhe in 10 Jahren 10 Sammlungsabteilungen und zeichnete für die Gesamtgestaltung von Landesausstellungen wie „1848/49. Revolution der Deutschen Demokraten in Baden“ oder „Spätmittelalter am Oberrhein“ verantwortlich. Nach der spektakulären Ausstellung „Uns ist in alten Mären ... Das Nibelungenlied und seine Welt“ steht dem Team Ranger Design als bisher größtes Projekt die Landesausstellung „Imperium Romanum. Roms Provinzen an Neckar, Rhein und Donau“ bevor, die im September 2005 in Stuttgart eröffnet wird.

Die Arbeiten zum Uniseum Freiburg begannen mit einem vorgeschalteten Auftrag zur Ausstellungskonzeption, der Phase 1. Als Ergebnis dieses Auftrages sollte in einem Ideenbuch dargestellt werden, wie das inhaltliche Konzept von Dr. Dieter Speck und seinem Team in den zur Verfügung stehenden Räumen ausgestellt werden kann. Und zwingend vorgegeben war die Einhaltung des Finanzrahmens.

Die Arbeitsgruppe begann zuerst mit der Sichtung der umfangreichen Exponatlisten. Über 1000 mögliche Exponate wurden gesichtet und bewertet. Dann musste überlegt werden, welche Themengruppen in welchen Raumbereichen mit welchen Exponaten bestückt werden könnten. Zuletzt blieben etwa 400 Objekte übrig. Es ging also darum, die Themen, die Objekte und die Räumlichkeiten in die richtige Balance zu bringen. Die Vielfalt der möglichen Themen hätte ohne weiteres für mehrere verschiedene Ausstellungen ausgereicht. Um den Prozess der Planung transparent zu gestalten und um verschiedene Raumvarianten durchzuspielen, wurde ein einfaches Modell im Maßstab 1: 50 gebaut.

Bei den Planungsgesprächen entstand die Idee, das Museum um einen Arbeitsbereich, das Forum, zu ergänzen. Dieser Gedanke wurde dann ein wesentlicher Teil des Konzeptes. Als Ergebnis der ersten Arbeitsphase 1 stand dann ein Gesamtkonzept. Es umfasste einen Raumplan, der die Zugangssituation neu regelte und Raumbereiche für den Empfang, die Garderobe und einen Shop beinhaltete.
Für die Albert-Ludwigs-Universität ergibt sich durch das Uniseum die Chance, verschiedene Nutzungen und Aspekte miteinander zu vernetzen. Das Uniseum ist mehr als ein klassisches Museum: Es ist Museum und Forum.

Die Ausstellung folgt konsequent einer chronologischer Ordnung mit thematischen Schwerpunkten. Und sie folgt den Gedankengängen der Menschen, deren Namen mit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg verbunden sind.
Der Rundgang beginnt mit der Zeit der Universitätsgründung, dokumentiert die humanistischen Quellen, folgt den Spuren der jesuitischen Prägung und spürt den frühen Universitätsreformen nach. Die Ausstellung nutzt dafür Objekte, Bilder, Inszenierungen und Medien: Einblicke in die sonst verschlossene Jesuitengruft neben dem Uniseum werden beispielsweise auf einem Monitor sichtbar. Von bekannten Komponisten wie Mozart, Haydn und Schubert vertonte Dichtungen des ersten protestantischen Rektors der Universität, Johann Georg Jacobi, können ausgewählt und gehört werden.


Staunen
In einem „Kabinett des Staunens“ wird etwas von dem Urantrieb jedes forschenden Gedankens sichtbar: dem Staunen über diese Welt.
Die Ausstellung zeigt in der Abfolge die Expansion der Universität im 19. und 20. Jahrhundert. Sie dokumentiert die Pionierrolle der Universität Freiburg: Hier wurde die erste Studentin an einer deutschen Universität immatrikuliert. Der Zeitraum des Nationalsozialismus zeigt im Detail die Veränderungen auf, die an der Universität Freiburg geschahen. Die Ausstellung arbeitet hier mit einer Kombination aus Exponaten und Fotografien.


Forschen
Forschungsthemen und Projekte des 20. und  21. Jahrhunderts aus den Bereichen der Geisteswissenschaften, der Natur-, Forst- und angewandten Wissenschaften und der Medizin werden vorgestellt. In diesem Raum können die Besucher durch Hörinstallationen, durch Computer und Medieninstallationen mehr über diese Projekte erfahren.


Lehren
Zentral in der Mitte platziert ist das Forum, in dem Filmausschnitte zum Themenkreis der Universität Freiburg abgerufen werden können. Das Forum selbst kann auch für andere Veranstaltungen und Präsentationen genutzt werden.

Ein Sonderthema ist der Bereich Kunst- und Architektur. In dieser Galerie werden Kunstwerke und Architekturen von Universitätsgebäuden gezeigt. Durch eine gläserne, begehbare Bodenöffnung kann ein Blick auf die alten architektonischen Spuren im darunterliegenden Kellergewölbe geworfen werden.

Den vorläufige Abschluss der Ausstellung bilden die Studentenproteste der 68er Zeit. Eine Wand scheint aus der Verankerung geraten, eine kippende Fläche begleitet die Treppe nach unten. Etwas scheint aus den Fugen geraten, Megaphone, Flugblätter, Bilder von Demonstranten, Polizei. Eine kurze Hörcollage verdichtet diese Stimmung.

In einem späteren Bauabschnitt will das Uniseum die Baugeschichte des Alten Kollegiengebäudes freilegen. Der Keller des Uniseum ist ein Ort mit ganz eigener Atmosphäre. Er zeigt Spuren der mittelalterlichen Geschichte Freiburgs, des Baus, teilweise Spuren des 2. Weltkriegs und bietet sich mit seinen eindrucksvollen Gewölben als Raum für stimmungsvolle Veranstaltungen an. Ein launischer Rundgang durch die studentischen Lebenswelten und deren Regelüberschreitungen in den vielen Jahrhunderten, die auch schon in dem bekannten Statutenbuch zum Ausdruck kommen, werden dann den Schlussakzent setzen.

Vortrag von Kurt Ranger zur Eröffnung des Uniseum Freiburg, 2004.