Feuilleton der Süddeutschen Zeitung liebt
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Ich liebe es |
Von Gerhard Matzig Das Deutsche Museum liegt wie ein gigantischer Kiesel in der Isar. München, Museumsinsel 1. Eine schöne Adresse. Aber doch: eine Insel. Etwas entrückt. Und man kann hier tatsächlich verrückt werden - besonders dann, wenn man das In der Abteilung "Erdöl und Erdgas" des Deutschen Museumskiesel liest man seinem Kind sodann vor: "Zwei achteckige Drehkolben werden vom einströmenden Gas beaufschlagt und drehen sich in einem Gehäuse, mit dem zusammen sie ein definiertes Kammervolumen bilden." Ah ja. Da ist man noch nicht mal angekommen beim Pulver-Aufschmelzverfahren. Selbst vom Kleber-Extruder ist Nach der weltweit anerkannten ICOM-Verfassung (es handelt sich um das International Council of Museums) ist ein Museum eine "ständige Einrichtung Vermittlung? Freude gar? Das Deutsche Museum ist eine Insel des Wissens, ein Hort der Technikgeschichte. Einzigartig. Liebenswert. Nicht freudlos, gewiss. Man wünscht ihm nur dringend Geld und Mittel. Gerade auch die, welche man zum Vermitteln der Wissensschätze braucht. Denn das Museum ist eben auch voll mit Schautafeln und Texten, die man, sollte man nicht zufällig ein Draußen dann, auf der Brücke, die das Museum mit der Innenstadt verbindet, liest man den Hinweis: "In den Ausstellungen werden neueste Aspekte der Leider gilt das in geradezu vorsätzlicher Weise für die Glyptothek am Münchner Königsplatz. Die Sammlung antiker Skulpturen gehört schon innenräumlich zu den schönsten Museen der Welt. Im Grunde ist es ein Die Glyptothek verzichtet in weiten Teilen geradezu ostentativ auf die neumodische Unsitte der Didaktik, auf Medieninseln etwa, auf Interaktion oder sonstige Kniffe der Pädagogik. "Saal des Fauns" ist auf einem Schild zu lesen - und das hätte man sich beinahe auch selbst gedacht angesichts eines Saals, in dem sich ein Faun befindet. Allenfalls die Museumsinsel Hombroich in Neuss ist da noch konsequenter. Hier soll allein die Kunst für sich sprechen: Der Rest ist Schweigen. Viele Museen in Deutschland bemühen sich engagiert um ihr Publikum. Andere tun das nicht. Am Ausgang der Glyptothek liegt ein Besucherbuch. Ganz neu. Ganz leer. "Bitte", fordert die charmante Dame von der Aufsicht den Reporter auf, "schreiben Sie etwas hinein." "Was denn?" "Irgendetwas. Es ist so leer." Seit wann es hier liegt, will man wissen. "Seit ein paar Tagen, seit einer Woche vielleicht." Seit einer Woche in der Vorweihnachts-, Ferien- und Zwischen-den-Jahren-Zeit. Mitten in der Rush Hour des Museumslebens. Leer. Nie zuvor gab es in Deutschland so viele Museen wie heute. Fast 5000 sind es. Seit Jahren nimmt ihre Anzahl zu. Dazu kommen noch die boomenden Wobei Bayern eine der höchsten Dichten an staatlichen wie auch stattlichen Museen aufweist. Und München ist ein Hauptquartier des Kulturbetriebs. Gerade in diesen Tagen sind die Ausstellungsräume der Volks- oder Heimat-kundemuseen, der kulturgeschichtlichen, technischen, naturkundlichen oder historischen Museen gut besucht. Und in die bald siebenhundert Zehn mal mehr Menschen (112 Millionen waren es im Jahr 2012) besuchen lieber ein Museum - als ein Bundesligastadion. Man wünschte, die Museen hätten Das Museum: ein magischer Ort bei Thomas Bernhard ("Alte Meister"), Zufluchtsstätte für Holden Caulfield (der in "The Catcher in the Rye" bekennt: "I loved that damn museum") - oder wenigstens der "Kalvarienberg gekreuzigter Träume", weshalb das "Futuristische Manifest" 1909 forderte, man müsse die Museen als "öffentliche Schlafsäle" und "Friedhöfe" zerstören. Die Futuristen liebten es, das Museum zu hassen. Man muss solchen Unsinn Antworten erhofft man sich etwa von Rainer Wenrich, zuständig für die Geschäftsstelle der Bayerischen Museumsakademie - und zugleich tätig am MPZ, Nein, man kennt nicht. Der gigantische Privat-Spektakel-Fanshop in der Allianzarena im Münchner Norden? Das soll ein vorbildliches Museum sein? Die FCB-Erlebniswelt ist laut und dunkel. Natürlich, denkt man, Spektakel, Aberwitz, bewegte Bilder, Lautsprecher. Schon klar. Disneyland. Auf "Ja", sagt der Museumspädagoge. "Inhaltlich sicher nicht - aber was die Frage der Zugänglichkeit angeht, sehr wohl." Er erläutert die Techniken der Vermittlung, die hier in allen Finessen ausgebreitete Fähigkeit der Ausstellungsmacher, Atmosphäre und Emotion auch dort zu schaffen, wo es letztlich nur um Zahlen und Fakten geht. Dem Besucher werden Möglichkeiten der Interaktion geboten, die neuen Medien werden herangezogen, die Ebenen der Informationsvermittlung wechseln sich ab - und der Betrachter wird immer wieder direkt angesprochen. "Es ist eigentlich wie im Unterricht", erkärt Anschaulich gelingt das im erst vor einem halben Jahr eröffneten, räumlich wunderbar suggestiven Ägyptischen Museum an der Gabelsbergerstraße. Hier "Einerseits sind wir Dienstleister", sagt sie, "und natürlich ist es ein Anliegen, unser Wissen auf anregende, anschauliche Weise zu vermitteln." Was "Genau." Es ist eine Frage der Balance. Das neue Ägyptische Museum bewältigt diese Balance. Bis hin zum Museumsshop, in dem ein Junge in einem Shirt mit der Aufschrift "Skater" doch noch nach den Pyramiden greift. Er zögert, legt sie zurück, betrachtet sie erneut . . . um sie aufzugeben. "Boah", sagt er, "teuer." Die Pyramiden haben ihren Preis. Sie bestehen nicht aus Kalkstein, sondern aus Schokolade. Im Museumsshop kostet die "Pyramidenpralinenmischung" 7,90 Euro. Nichts für Skater, der seiner Klasse hinterhertrottet, der 6 A vom Joseph-Bernhart-Gymnasium in Türkheim. Zehn Enttäuscht? Nein. Pyramidenlos? Das auf jeden Fall. |
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